Endometriose: Hast du starke Regelschmerzen?
Bei der chronischen Erkrankung Endometriose siedelt sich Gebärmutterschleimhaut an anderen Orten des Körpers als in der Gebärmutter an. Diese Endometrioseherde unterliegen dem Monatszyklus. Das führt zu entzündlichen Reaktionen. Typische Symptome sind Unterleibsschmerzen, schwere krampfartige Regelschmerzen, Schmerzen beim Sex und Unfruchtbarkeit.
Wenn du immer wieder unter starken Regelschmerzen leidest, solltest du mit deiner Frauenärztin darüber sprechen. Ob sich eventuell eine Endometriose dahinter versteckt wollen wir im Gespräch unter Kollegen klären.
Im Experteninterview mit der Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Dr. Judith Bildau spreche ich über die chronische Erkrankung Endometriose und stelle deine Fragen.
Was ist eigentlich eine Endometriose?
Liebe Marie-Luise, die sogenannte ‚Endometriose‘ leitet sich von dem Wort ‚Endometrium‘, der Gebärmutterschleimhaut, ab. Sie beschreibt eine chronische und relativ häufige, leider oftmals sehr schmerzhafte Erkrankung, bei der Gebärmutterschleimhaut außerhalb der Gebärmutter auftritt.
Wie viele Frauen sind schätzungsweise von dieser chronischen Erkrankung betroffen?
Die Häufigkeitsangaben schwanken zwischen 4 und 12% aller Frauen zwischen Pubertät und Wechseljahren, also während ihrer fruchtbaren Jahre.
Weiß man, wie eine Endometriose entstehen kann oder wodurch sie verursacht wird?
Es gibt verschiedene Entstehungstheorien zur Endometriose. Die zwei Haupttheorien, die bislang aber nicht sicher belegt werden konnten, sind die sogenannte ‚Transplantationstheorie’ nach Sampson und die ‚Metaplasietheorie‘ nach Meyer.
Bei der ‚Transplantationstheorie’ vermutet man, dass Gebärmutterschleimhautzellen durch Prozesse wie wie eine ‚rückwärtsgerichtete Menstruation’ oder auch über Blut- und Lymphgefäße an andere Stellen des Körpers quasi ‚gespült‘ werden und sich dort absetzen.
Bei der ‚Metaplasietheorie‘ wird davon ausgegangen, dass sich schon sehr für, nämlich während der embryonalen Entwicklung, versprengtes Gewebe im weiblichen Körper in Gebärmutterschleimhaut differenziert. Es gibt auch noch verschiedene immunologische, genetische und toxische Erklärungen. Vielfach wird auch ein multifaktorielles Geschehen, also das Zusammenspiel verschiedener Ursachen, diskutiert.
Welche Beschwerden haben die Frauen?
Die Frauen leiden leider, besonders in der zweiten Zyklushälfte, wenn sich die Gebärmutterschleimhaut aufbaut, unter sehr starken Schmerzen, vor allem im Unterbauch.
Je nachdem, wo sich das Gewebe außerhalb der Gebärmutter befindet, können weitere Symptome auftreten. Baut sich die Gebärmutterschleimhaut zum Beispiel im Darm auf, kann es zu starken Schmerzen beim Stuhlgang kommen, außerdem auch zu Durchfall oder Verstopfungen, nicht selten verlieren die Frauen Blut über den Darm.
Sind die ableitenden Harnwege betroffen, kann der Urin blutig sein und die Frauen klagen über ein schmerzhaftes Wasserlassen. Nicht wenige Frauen klagen einer gewissen Zeit über chronische Unterbauchschmerzen, das heißt, im Grunde einen dauerhaften Schmerz. Es kann außerdem zu Schmerzen beim Geschlechtsverkehr kommen und zu einer Sterilitätssymptomatik.
Und warum ist die Endometriose so schmerzhaft?
Die Endometrioseherde, die im Körper verteilt sein können, schwellen zyklusbedingt an. Je nachdem, wo sie liegen, kann das starke Schmerzen verursachen. Wenn es während der Periode zum Abbluten der Herde kommt, ist dies zusätzlich sehr schmerzhaft. Oftmals fühlen sich die Frauen in dieser Zeit richtig krank.
Sind z.B. Darm oder Harnwege befallen, kann es durch das aufgebaute Endometriosegewebe zu schmerzhaftem und blutigem Stuhlgang kommen, genauso wie beim Wasserlassen. An den Eierstöcken können Zysten entstehen, die starke Beschwerden verursachen.
Durch die Endometrioseherde kann es letztendlich zu Verwachsungen und Vernarbungen kommen, weswegen, wie oben schon erwähnt, die Frauen auch über einen chronische, das heißt dauerhaften Schmerz, klagen können.
Wie wird eine Endometriose diagnostiziert?
Es ist eine Art diagnostische Kaskade, ein mehrstufiges Konzept, welches in der Regel durchgeführt wird. Zunächst erfolgt eine ausführliche Anamnese, gefolgt von einer ausführlichen gynäkologischen Untersuchung, auch mit vaginaler und rektaler Tastuntersuchung.
Hier können erste Hinweise auf eine Endometriose gefunden werden. Im vaginalen Ultraschall können dann, wenn vorhanden, Zysten, im Zweifel Endometriosezysten, diagnostiziert werden.
Durch den Ultraschall können aber leider andere Eierstockszysten nicht von Endometriosezysten unterschieden werden. Zur weiteren Diagnostik können dann noch bildgebende Verfahren, wie zum Beispiel ein MRT, herangezogen werden.
Hier können Endometrioseherde und deren Ausmaß recht genau dargestellt werden. Eine sichere Diagnosestellung ist allerdings im Grunde nur über einen chirurgische Eingriff, nämlich eine diagnostische Bauchspiegelung, möglich.
Hierdurch kann in den Bauch geschaut werden, es können Gewebeproben entnommen werden, die später unter dem Mikroskop angeschaut werden, und es kann in der gleichen Sitzung direkt auch schon Endometriosegewebe entfernt werden.
Und welche Therapiemöglichkeiten gibt es?
Je früher behandelt wird, desto größer sind die Aussichten auf eine langfristige Beschwerdefreiheit. Während einer diagnostischen Bauchspiegelung kann schon mit einer Therapie begonnen werden und zwar so, dass sichtbare Endometrioseherde direkt entfernt werden.
Nur noch selten muss mittlerweile ein Bauchschnitt gemacht werden. Ist die Endometriose sehr ausgeprägt, kann es sein, dass Organe bzw. Organteile entfernt werden müssen, wie zum Beispiel ein Eileiter, ein Eierstock oder auch ein Darmabschnitt.
Häufig wird an eine Operation noch eine medikamentöse Therapie angeschlossen, um das operative Ergebnis zu sichern. Die medikamentöse Therapie besteht aus der Gabe von Hormonen. Diese können sein: reine Gestagenpräparate, einphasige Östrogen-Gestagen-Kombinationspräparate, GnRH-Analoga, und Gestagenspiralen.
Wie gesagt können operative und medikamentöse Therapie kombiniert werden, vereinzelt werden sie auch nicht kombiniert durchgeführt.
Warum leiden Endometriose-Patientinnen nicht selten unter einem unerfüllten Kinderwunsch?
Durch die Endometriose kann der Eintritt einer Schwangerschaft an vielen Stellen erschwert bzw. verhindert werden: Bei der Eizellreifung, der Befruchtung, dem Transport sowie der Einnistung, je nachdem, wo sich Endometrioseherde befinden.
Eine bekannte Studie spricht übrigens von einer monatlichen Schwangerschaftsrate von 2 bis 10% bei einer Patientin mit Endometriose. Der wichtigster Prognosefaktor für das Eintreten einer spontanen Schwangerschaft ist aber mit Sicherheit der Schweregrad der Endometriose.
Kann eine Endometriose geheilt werden?
Es ist so, dass die Endometriose eine chronische Erkrankung ist, das heißt, eine Heilung in dem Sinne ist nicht möglich. Aber mit der richtigen Therapie eine Beschwerdefreiheit! Und: Da die Endometriose eine Erkrankung während der fertilen Phase ist, also in der Zeitspanne zwischen der Pubertät und den Wechseljahren, hören die Symptome in der Regel nach den Wechseljahren auf.
Kommt es dann nämlich zum Ausbleiben der Regelblutung und einem physiologisch niedrigen Östrogenspiegel, ist das in der Regel auch das Ende der Beschwerdesymptomatik.
Mamadoc bedankt sich bei Dr. Judith Bildau für die ausführlichen Informationen rund ums Thema Endometriose und freut sich auf weitere spannende Interviews mit ihr.
Zum Interview-Partner
Dr. med. Judith Bildau, Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe.
Sie ist Mama, Model, Influencerin und Frauenärztin.
Aktuell lebt und arbeitet sie in Rom.
Du willst mehr über Judith erfahren? Dann schau doch mal auf ihrem Instagram-Profil vorbei.
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