Stopp! Vergiftungen bei Kindern vermeiden
Lea liebt es in ihrer Kinderküche zu spielen. Sie schnappt sich die Zimmerpflanze vom Fensterbrett. Zerdrückt die Blätter in die kleinen Kochtöpfchen. Mama Ela will noch protestieren, denn die Pflanze ist von Nachbarin Eva. Die ist gerade im Urlaub und Ela soll die Dieffenbachia gießen.
Als Ela gerade nach Kurzurlaub am Meer googelt, jammert Lea plötzlich über Bauchschmerzen. Ela ist sich zunächst nicht sicher, ob es noch zum Rollenspiel gehört. Als sich Lea kurz darauf übergeben muss, fahren sie in die nächste Notaufnahme.
Noch mal Glück gehabt. Lea geht es wieder gut und sie kann nach der Behandlung und Überwachung das Krankenhaus verlassen. Die Ärzte haben Ela erklärt, dass Dieffenbachia eine Giftplanze ist. Dort haben sie ihr auch eine Liste mit giftigen Pflanzen mitgegeben.
Im Krabbelalter hatte sich Lea ständig etwas in den Mund gesteckt. Ela hatte auf allen Vieren das Haus nach Gefahrenquellen abgesucht. Alles Giftige wurde weggeräumt. Schubladensicherungen, Treppengitter und Herdschutz prägten das kindersichere Zuhause. Sie wusste ja, dass sich Kinder am häufigsten zu Hause vergiften.
Ela hat aus dieser Geschichte gelernt, wie sie Vergiftungen in Zukunft vermeiden kann, aber auch, wer bei Vergiftungen für sie da ist. Den Experten vom Giftnotruf sind Anrufe wie: “Hilfe, mein Kind hat am Spültab geknabbert” nicht fremd. Damit du nie in diese Situation kommst, erfährst du in diesem Beitrag alles zum Thema Vergiftung und Erste-Hilfe-Maßnahmen.
Vergiftungsunfälle bei Kindern: Richtig reagieren
Plötzliches Erbrechen oder ungewohnte Müdigkeit bei Kindern können Anzeichen für eine Vergiftung sein. Gerade noch quietschfidel und jetzt ganz gekrümmt an Nachbars Gartenzaun gelehnt? Dann sollte Mama schnell reagieren und wissen wen sie anrufen kann.
Kinder lieben es mit Beeren, Blättern und Pilzen zu kochen und zu experimentieren. Während bei uns Erwachsenen eine Vergiftung häufig gewollt (Alkohol, Tabletten, etc.) ist, ist sie bei Kindern meist ein Unfall und dem Entdeckerdrang geschuldet.
An vielen Orten lauern Gefahren. Bei Oma sind die Herztabletten, praktisch auf dem Nachtisch drapiert. Bei Tante Susi ist der Rohrreiniger griffbereit neben der Toilette. Als Eltern ist es gut Augen und Nase überall zu haben.
Jedenfalls, wenn es um das Thema Vergiftung geht.
Es ist sehr wichtig, dass du die Fakten zu Vergiftungsunfällen kennst. Hast du dich schon mal gefragt, wie sich eine Vergiftung zeigt? Welche Erste-Hilfe-Maßnahmen Leben retten und wo genau die Gefahrenquellen im Haus und Garten versteckt sind? Richtig reagieren bedeutet, aktiv zu werden.
Anzeichen für eine Vergiftung beim Kind
- Müdigkeit und/oder starke Aufregung
- Teilnahmslosigkeit bis hin zur Bewusstlosigkeit
- Übelkeit, Erbrechen, Durchfall
- Speichelfluss und krampfartige Bauchschmerzen
- Kopfschmerzen und Schwindel
- Atemstörungen bis hin zum Atemstillstand
- Schock und Herz-Kreislauf-Versagen
Sofortmaßnahmen, wenn du eine Vergiftung vermutest
1. Bleib ruhig
2. Rufe den Giftnotruf an und führe ggf. erste Maßnahmen durch
3. Bei Bewusstlosigkeit – sofort den Rettungsdienst 112 anrufen
Wichtige Notfallmaßnahmen umfassen als Erstes die Überprüfung von Atemwegen, Atmung und Puls und gründlicher körperlicher Untersuchung. Bei Bewusstlosigkeit bringe das Kind in die stabile Seitenlage. Bei Atemstillstand, beatme es. Bei Herzkreislaufstillstand beginne mit der Herzdruckmassage.
Erste Hilfe leisten ist keine Zauberei. In diesem Video wird gezeigt, wie du Kinder retten kannst. Bitte warte nicht bis der Notarzt eintrifft.
Vergiftungen – Giftnotrufzentralen
Bei Vergiftungen immer sofort den Giftnotruf anrufen. Dieser ist 24 Stunden erreichbar. Du wirst mit einem Experten verbunden, der dir weiterhelfen kann. Oft gibt er Entwarnung. Suche dir jetzt die nächstgelegene Giftnotrufzentrale raus und speichere sie im Handy. Auch wenn du verreist, ist es sinnvoll, die Notrufnummern vor Ort zu kennen.
Infos für den Giftnotruf und den Rettungsdienst
Du solltest genaue Angaben zu folgenden Fragen machen können:
WER?
Kind oder Erwachsener? Geschlecht, Alter und Gewicht.
WAS?
Was wurde eingenommen (Pflanzen, Pilze, Drogen)? Was steht auf der Verpackung (Chemikalie, Arzneimittel, Lebensmittel)?
WANN?
Zeitpunkt und Dauer der Einnahme oder Einwirkung.
WIE?
Wie wurde die Substanz aufgenommen? Geschluckt? Eingeatmet? Über die Haut? Ins Auge?
WIE VIEL?
Mengenangaben: Anzahl der Tropfen, Tabletten und Flaschengröße. Wie viel ist noch in der Packung oder in der Flasche?
Gibt genau an
Wie es dem Kind geht: Husten? Erbrechen? Schmerzen? Benommenheit?
Was du bereits unternommen hast.
Wo du zu erreichen bist: Namen und Handynummer. Und wo ihr euch befindet.
Erste-Hilfe-Maßnahmen: Was du tun kannst!
Wenn das Kind ansprechbar ist, kannst du versuchen zu klären, was und wie viel es eingenommen hat. Sind Reste im Mund vorhanden, kannst du sie mit der Hand heraus wischen.
Erbricht sich das Kind, unterstütze es dabei. Du kannst das Erbrochene in einem Gefäß auffangen, um es später analysieren zu lassen. Provozieren solltest du das Erbrechen aber auf gar keinen Fall. Das Erbrochene darf nicht eingeatmet werden.
Rufe den Giftnotruf und bei Anzeichen einer Vergiftung auch den Rettungsdienst.
Nach Rücksprache mit dem Giftnotruf oder einem Arzt, kannst du folgendes tun:
Bei Hautkontakt
Kleidung ausziehen. Hautstellen mit fließendem Wasser abspülen.
Handschuhe tragen, um dich selbst zu schützen.
Bei Augenkontakt
Die Augen 10 Minuten mit fließendem Wasser spülen.
Eine Augenarztpraxis/Klinik aufsuchen.
Bei Aufnahme über den Mund
Wenn das Kind das Gift über den Mund aufgenommen hat, lass es in kleinen Schlucken Wasser trinken. Dadurch wird das Gift verdünnt. Keine Milch!
Bei Einatmung
Wenn das Kind das Gift eingeatmet hat, öffne die Fenster und Türen, oder bringe es direkt ins Freie. Decke es zu. Vorsicht, du darfst das Gift auf keinen Fall selbst einatmen.
6 Fehler bei Vergiftungen, die Kinder gefährden
- Den Giftnotruf zu spät kontaktieren
Auch wenn sich noch keine Symptome zeigen – anrufen! - Im Notfall muss es schnell gehen. Speichere dir jetzt die Nummer im Handy ab.
- Das Kind zum Erbrechen bringen. Erbrochenes kann eingeatmet werden. Niemals Erbrechen provozieren!
- Dem bewusstlosen Kind Flüssigkeit einflößen
Bei Bewusstlosigkeit sind Schutzreflexe wie Schluck- oder Hustenreflex ausgeschaltet. Flüssigkeit kann in die Atemwege gelangen. - Milch zum Trinken geben. Milch kann die Giftaufnahme durch den Darm in vielen Fällen beschleunigen.
- Giftige Substanz wegschmeißen. Du solltest wissen, was zu Vergiftung geführt hat. Zudem solltest du dem Giftnotruf genaue Mengenangaben machen können.
Kennst du diese Gefahrenquellen?
Prinzipiell kann sich ein Kind oder Baby auf viele Arten vergiften: Vergiftung mit Fingerhut, Vergiftung mit Paracetamol, Vergiftung mit Alkohol und vieles mehr.
Die meisten Vergiftungen von Kindern werden durch Haushaltschemikalien (WC-Reiniger, Waschmittel, Entkalker) verursacht. Direkt danach folgen Medikamente (Herz-und Kreislaufpräparate, Hormonpräparate, Antipsychotika und Antibiotika). Pflanzen und Kosmetika (Seife, Badezusätze) werden auch oft unterschätzt.
Wie schnell eine Vergiftung mit Maiglöckchen geht, willst du nicht heraus finden. Ob es ein Gegengift gibt, schon gar nicht. Du solltest alle möglichen Gefahrenquellen kennen und aus dem Weg räumen.
Gefahren in Küche, Waschküche und Bad
- Geschirrspülmittel und -tabs
- Waschpulver und Wäschebleichmittel
- Desinfektionsmittel
- Rohrreiniger und Fleckentferner
- Herd- und Metallreiniger
- Medikamente, Salben und Zäpfchen
- Shampoo und Haarfestiger
- Haarfärbemittel und Haarspray
- Deospray und Haarentferner
- Nagellack und -entferner
- Hautpflegemittel und Parfüm
Gefahren in Wohnräumen
- Möbelpolitur und Lampenöl
- Alkohol und Zigaretten
- Feuerzeugbenzin
Gefahren in Keller und Garage
- Farben und Farbverdünner
- Farbentferner und Pinselreiniger
- Motoröl und Benzin
- Petroleum und Terpentin
- Klebstoffe und Unkrautvernichtungsmittel
- Schädlingsbekämpfungsmittel
Gefährliche Pflanzen und Pflanzenteile
- Fingerhut und Eisenhut
- Seidelbast Liguster und Eibe
- Arnika und Oleander
- Dieffenbachia und Narzisse
- Lupine und Christusdorn
- Weihnachtsstern und Wiesen-Bärenklau
- Goldregen und Tollkirsche
- Herbstzeitlose und Maiglöckchen
9 Tipps, um Vergiftungen bei deinem Kind zu vermeiden
- Vorbeugen: Wissen was giftig ist und zum Beispiel Putzmittel mit Bitterstoff kaufen (dann spuken Kinder das sofort wieder aus).
- Medikamente und Putzmittel außerhalb der Reichweite von Kindern aufbewahren. Auch die, die täglich in Gebrauch sind.
- Überprüfe den Haushalt von Opa und Oma oder wo ihr euch sonst häufig aufhaltet.
- Achte auf kindersichere Verschlüsse.
- Räume Chemikalien immer weg. Auch wenn du nur schnell ans Telefon gehst, auf die Toilette oder an die Haustüre.
- Zigarettenstummel und -packungen sollten auf keinen Fall in Kinderhände geraten.
- Alkohol wegschließen. Damit auch ältere Kinder nicht in Versuchung kommen.
- Im Garten und im Haus alle giftigen Pflanzen entfernen und Kindern beibringen, was giftig ist.
- Sprich viel über mögliche Gefahren. Erkläre, warum bestimmt Dinge nichts für Kinderhände sind. Das hilft dem besseren Verständnis.
Hier ein paar Giftinformationszentralen im Überblick
München Giftnotruf München
Abteilung für Klinische Toxikologie Klinikum rechts der Isar – Technische Universität München
www.toxinfo.med.tum.de
+49-89-19 240
Wien/Österreich Vergiftungsinformationszentrale (VIZ)
Gesundheit Österreich GmbH
www.goeg.at/Vergiftungsinformation
+43-1-406 43 43
Zürich/Schweiz Schweizerisches Toxikologisches Informationszentrum
www.toxi.ch
145 (schweizweit)
+41-44-251 51 51 (aus dem Ausland)
Die App “Vergiftungsunfälle bei Kindern” vom Bundesinstitut für Risikobewertung bietet nicht nur hilfreiche Infos, sondern verbindet den Nutzer auch telefonisch mit einem Giftinformationszentrum.
Das war ganz viel Faktenwissen auf einem Schlag. Ich hoffe, du hast viel dazu gelernt.
Fange am besten direkt an, dein Zuhause für deinen kleinen Schatz abzusichern und alles “Gefährliche” zu entsorgen oder kindersicher zu verstauen. Notiere dir die Nummer des Giftnotrufs im Handy und drucke dir mein PDF zum Thema Kinder-Notruf aus.
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